Anja Nagel
Olá pessoal, mein Name ist Anja und ich bin seit einem knappen halben Jahr in Portugal.
Ich denke mal viele die gerade anfangen das hier zu lesen, sind der Ansicht: Portugal, das ist ja noch in Europa.. wie langweilig. Okay, ich gebe zu, es ist nicht Thailand oder Ecuador und ist für euch auf den ersten Blick vielleicht nicht soo spannend für euch, aber glaubt mir, es ist definitiv vergleichbar mit einem dieser anderen wunderbaren Länder. Aber gut, nun zu mir.
Ich denke mal, es ist einigermaßen sinnvoll dort anzufangen, wo mein Aufenthalt auch wirklich angefangen hat. Am Flughafen.
Nachdem ich nach knapp 3 Stunden Flug zusammen mit 11 anderen Deutschen endlich in Lissabon, am 10. September, angekommen bin, sahen meine ersten Eindrücke ungefähr so aus:
Sonne, 32°C, Palmen und eine Sprache die nach einer Mischung aus Russisch und Französisch klingt. Schließlich wurden wir in unser Hotel voll mit ca. 70 anderen Austauschschülern aus aller Welt verfrachtet und erstmal sehr herzlich begrüßt.
Als es dann endlich nach 3 Tagen Crashkurs für portugiesische Kultur und Sprache soweit war, dass unsere Gasteltern uns abholen sollten, konnte es eigentlich schon niemand mehr erwarten.
Allerdings hatte ich, als einzige, schon zwei meiner Familienmitglieder kennengelernt: Meine ältere Gastschwester, die als Volunteer am Abend unserer Ankunft schon da war und Ester, ein Mädchen von den Färöer Inseln, von der man sagen könnte, dass ich jetzt ihre „Tante“ bin. Dank diesem lustigen und schon ein bisschen ungewöhnlichen Zufall, hatte ich von Anfang an eine gute und gleichaltrige Freundin, die inzwischen für mich nicht meine Nichte, sondern wie eine Schwester ist. Wir leben zwar nicht im gleichen Haus, aber in der gleichen Kleinstadt, Batalha (2 Std. von Lissabon und 15min von Leiria), und sind auch auf der gleichen Schule.
Ich muss sagen, dass ich damit schon ziemlich Glück hatte, den so habe ich seither nicht nur viel über portugiesische Kultur, sondern auch eine Menge über Dänemark und die Färöer Inseln erfahren.
Nachdem uns dann meine zweite ältere Gastschwester, die Gastmutter von Ester, gut eine Stunde zu spät abgeholt hat (was ganz klar die typische Portugiesische „Pünktlichkeit“ widerspiegelt), kamen wir dann nach ca. 2 Stunden Autofahrt in unserem neuen „Zuhause“ an.
Nach der ein wenig schockenden Erkenntnis, dass meine schon etwas älteren Gasteltern kein Wort englisch sprechen, und meine Gastschwester nur wochenends zu Besuch kommt, hatte ich doch schon vor Augen, dass das gewisse Schwierigkeiten geben könnte. Aber wie sich schnell herausstellte, war Kommunikation mithilfe der Herzlichkeit der Leute hier, einem Wörterbuch und anfangs interessanten Gestikulationen gut möglich. Ich muss sagen, dass dieser Umstand auch in gewisser Weise sehr nützlich war, da ich mich so doch sehr schnell verständigen konnte und schon an Weihnachten ein ziemlich großes Vokabular hatte.
Womit wir dann auch schon an der, für die meisten AFSer, problematischen Zeit angekommen wären. Klar, dass jeder in dieser Zeit besonders an seine Familie , Freunde etc. denken muss und viele bekommen in dieser Zeit auch gewisse Sehnsüchte nach dem richtigen Zuhause. Ich persönlich allerdings bin davon glücklicherweise größtenteils verschont geblieben… sicher hab ich den ein oder anderen Tag an meine Familie in Deutschland gedacht, aber so richtig Heimweh hatte ich selbst bis jetzt noch nicht und bin seeehr froh darüber.
Natürlich gibt es hier auch einige Dinge an die ich mich anfangs erst gewöhnen musste, wie zum Beispiel die geliebt Unpünktlichkeit die ich, wie gesagt, am Anfang schon habe zu spüren bekommen…
Das passiert allerdings nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch in der Schule, wo ich inzwischen daran gewohnt bin, dass die halbe Klasse erst ungefähr 5-10Minuten nach dem Klingeln im Unterricht sitzt und auch die Lehrer sich immer noch ganz gern etwas Zeit lassen und ebenfalls zu spät kommen…
Aber auch mit den Bussen sollte man immer noch um die 15 Minuten Verspätung einplanen, wobei dann auch viele Portugiesen schon mal einen Bus verpassen, weil sie damit gerechnet haben, dass er später kommt.
Mein Alltag hier läuft ungefähr folgendermaßen ab: Aufstehen und Frühstücken (Müsli oder Weißbrot und Kakao), Schule um 8.30 (mehr oder weniger..) bis nachmittags um 16.10Uhr. Währenddessen ein sogenanntes zweites, kleineres Frühstück um ca. 10Uhr (Kekse, ein Apfel oder eine andere Kleinigkeit) und natürlich Mittagessen in der Schulkantine (Suppe, Fisch oder Fleisch abwechselnd und einen Nachtisch/ Obst). Nach der Schule geht es anschließend mit Freunden ins Café, zum Plaudern, „Lanche“ essen, oder natürlich einfach nur Kaffee trinken.
Dort treffe ich mich dann auch für gewöhnlich mit Ester, die zwar auf der selben Schule, aber in einem anderen Kurs als ich ist.
Für mich ist das die beste Zeit des Tages, weil es einfach unglaublich unterhaltsam und entspannend ist, mit seinen Freunden dort zu sitzen, nebenher MTV oder andere Musiksender zu schauen und den sehr starken portugiesischen Kaffee zu trinken. Geredet wird immer laut und mit viel Lachen dazwischen und man lernt fast immer Freunde von Freunden oder andere neue Leute kennen, die fast immer ebenfalls gut gelaunt sind. Später am Abend fahre ich dann zusammen mit Ester und meiner Gastmutter nach Hause und so zwischen 20 und 21Uhr gibt es dann meistens zusammen mit der ganzen Familie Abendessen, die wohl reichhaltigste Mahlzeit des Tages. (Suppe, Kartoffeln, Reis oder Nudeln mit Fleisch oder Fisch, und Obst oder ab und zu auch ein Dessert).
So, ich denke das dürfte euch einen kleinen Einblick in mein Leben hier in Portugal geben. Ich weiß nicht in wieweit es euch ähnlich gehen wird, oder ob ihr manche Dinge die ich beschrieben habe vielleicht unterschiedlich seht, aber ich hoffe, dass ihr ein tolles, erlebnisreiches, eigenes Auslandsjahr haben werdet und wünsche euch viel Glück, „boa sorte“, damit.
Beijinhos, Anja